Nicola Samorì: Madre Macchia

8. September – 27. Oktober 2017

01. Der Künstler

Nicola Samorì wurde 1977 in Forli, Italien geboren und studierte an der Accademia d’Arte in Bologna. Sein Werk wurde in zahlreichen internationalen Institutionen und Museen gezeigt.

Aktuell zeigt die Ex-Pesceria in Pesaro eine umfangreiche Einzelausstellung. Einzelausstellungen waren ebenfalls 2012 in der Kunsthalle Tübingen und 2012 in der Kunsthalle Trafo in Stettin, Polen zu sehen.  Nicola Samorì war in der 16° QUADRIENNALE D’ARTE im  Palazzo delle Esposizioni in Rom und 2011 und 2015  im italienischen Pavillon auf der 54. und 56. Biennale di Venezia vertreten.

02. Die Ausstellung

Als „Madre Macchia“, als Muttermal, werden in den Steinbrüchen von Carrara die Fehlstellen im Marmor bezeichnet, um die herum der reinste und weißeste Marmor höchster Qualität zu finden ist. Es scheint, als bedinge das Eine das Andere.

Auch in Nicola Samorìs Arbeiten ist es der Makel, der die Reinheit eines Bildes erst ermöglicht: In seinen Skulpturen benutzt Samorì vorgefundene Besonderheiten im Material. Die Hohlräume, Löcher und farblichen Fehlstellen im Stein oder die Schwefeloxidationen auf dem Kupfer-Malgrund, die normalerweise Ausschlusskriterium für eine künstlerische Weiterverarbeitung sind, werden gerade wegen ihrer Unvollkommenheit genutzt.

In Bildern wie „Double Page (of Frogs and Flowers)“ oder „Emanto“ werden Elemente von Werken aus der Renaissance und aus dem Barock, von Lucas von Leyden, Luca Giordano und Josè de Ribeira technisch perfekt neu-interpretiert. Dann aber werden die malerisch über einen langen Zeitraum entwickelten Bilder durch massive mechanische Interventionen quasi zerstört: Das noch nicht vollkommen durchgetrocknete Gemälde wird in der Mitte übereinander gefaltet und  die beiden Bildteile durch Fußtritte aufeinander gepresst. Dabei vermischen sich die Ölfarben genauso wie die Bildinhalte: Wenn das Bild wieder auseinander geklappt und geöffnet wird, finden sich in einem symmetrischen Abdruck Rechts und Links, Schwarz und Weiss, Himmel und Hölle, Opfer und Unterdrücker in einer Transformation von Pigmenten. In einer klassischen, akademischen Tradition zieht Nicola Samorì Inspirationen aus den Renaissance-Meistern des XVII. Jahrhunderts und inszeniert die akribische und manchmal schmerzhafte Dekonstruktion ihrer Werke. Samorìs Arbeit definiert sich durch fortlaufende Neubearbeitung: nicht nur die Leinwand wird zerstört, sondern die klassischen Inhalte der Ikonographie werden außer Kraft gesetzt.

Samorìs künstlerische Praxis ist nie ein vandalistischer Anschlag auf die Bilder, sondern eine nachdenkliche Methode, die Sinne für alternative Lesarten zu aktivieren und tradierte Erzählmuster aufzubrechen.

03. Highlights

Die Interventionen von Nicola Samorì zielen fast immer auf das Gesicht des Bildpersonals.

Da dort, und vor allem in den Augen, die Persönlichkeit einer abgebildeten Person erkennbar wird und eine Identifikation mit dem Betrachter einsetzt, lenkt Samorì mit seiner Zerstörung die Aufmerksamkeit weg von der Person und auf die Mechanismen und Apparate von Repräsentation.

04. Edition

Zur Ausstellung „Madre Macchia“ von Nicola Samorì erscheint eine Edition, die während der Öffnungszeiten der Galerie zu erwerben ist.