MICHAELA EICHWALD | Freie Bahn ins Glück | 25.08.2023 – 29.10.2023

MICHAELA EICHWALD

Freie Bahn ins Glück

25.08.2023 – 29.10.2023


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Halt Abwehr
Ungenügen
Lage Lüge Non-Fiktion
Schraubenzieher Gegensinn
Stimme Nähe
Ferien

(Michaela Eichwald, Vorüberlegungen zur Titelfindung)

 

Man sieht nur, was man weiß? Ach, du lieber Goethe![1]

 

 

Michaela Eichwald versucht auch das zu sehen, was sie nicht weiß. Zumindest behaupte ich das jetzt (auch).

Ihre Malerei affirmiert keine Provokation gegen das Bild als ein Solches. Die Künstlerin ruht sich nicht auf ihrem Trotz aus. Sie handelt ein Bild aus, konsequent bis zu seiner Befreiung. Konzentriert radelt sie gegen kalkulierte Behauptungen. Dabei befreit sie nicht nur das Bild, sondern auch seine Betrachter:innen. Vom Sinn erlöst können sie sich der reinen Beschaffenheit hingeben. Was zunächst wie ein wilder Zufall beginnt, wird mehr und mehr das Resultat einer Auseinandersetzung, deren intrinsische Notwendigkeit mit der Wucht einer Naturgewalt auf uns losstürmt.

Da steht ein Bettgestell! Sie kämpft. Der Furor ihrer Bilder ist die Sichtbarmachung von dem, was man nicht versteht, neben all dem, was man meint verstanden zu haben. Ein Bisschen wie ein Weltraumteleskop. Die Werke der Künstlerin stellen sich nicht einfach vor und erklären sich: Hallo, Ich bin „Titel“ aus dem Jahr 2023. Ist das…? Ja, das ist definitiv ein Hund.

Zunächst setzt sich die Künstlerin einer Situation aus. Das Material ist laut und biedert sich nicht als plane Freifläche an. Es ist ein ernst zu nehmendes Gegenüber. Ihr erster Schritt ist eine Reaktion. Ihr malerischer Prozess scheint wie ein selbstbestimmtes Training ästhetische Phänomene frei zu legen.

Muskelkater. Stechender Fersensporn. Das kann brutal sein.

Ich bin nicht die Betrachterin. Du siehst Polke, ich sehe meinen Hund, er sieht einen Fuß und die, da drüben, ist sich ganz sicher, dass das hier ein Selbstportrait ist. Vielleicht sind es Wicken, die in diffuses Tageslicht ranken. Dunkle Wolken über Bottrop-Kirchhellen. Auf jeden Fall sind es Draufsichten, keine Panoramafenster.

Denkst du an Basquiat? Was ist ein Bildschirm?

Was ist es?

Ich sehe, denke ich.

Da staunst du.

 

Luisa Schlotterbeck

[1] „Man sieht nur, was man weiß. Eigentlich: „Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht“, an Friedrich von Müller, 24. April 1819 (Vergl. auch „Was man weiß, sieht man erst!“ – aus: Schriften zur Kunst, Propyläen, Einleitung, zitiert nach: Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche, Zürich und Stuttgart 1948 ff, Bd. 13, S. 142)

 

Die neuen Werke der Ausstellung Freie Bahn ins Glück entstehen vor Ort in Gladbeck, eigens für die Räumlichkeiten der Galerie. Mit offenem Visier begibt sich Michaela Eichwald in einen freimütigen Werkprozess, um uns zuletzt vielleicht überfordert, vielleicht staunend vor ihren Gemälden stehen zu lassen.

Michaela Eichwald (*1967 in Gummersbach) studierte ab 1987 in Köln Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte und Deutsche Philologie. Ihre ersten Texte veröffentlichte sie in den 1990er Jahren, noch bevor sie zu malen begann. Monografische Ausstellungen fanden statt, u.a. am Palais de Tokyo in Paris, dem Walker Art Center in Minneapolis, dem Lenbachhaus in München und der Kunsthalle Basel. Sie ist seit 2021 als Professorin an der Akademie der Bildenden Künste in Wien tätig. Sie veröffentlicht seit 2006 online auf ihrem Blog Uhutrust.

Am 25.08.2023 erscheint eine neue Platte von Periode bei SUEZAN STUDIO mit einem Cover von Michaela Eichwald. Periode sind THOMAS WINKLER und ANDREAS REIHSE. Für nähere Informationen klicken sie hier. Die Vorlage des Covers zeigt ein Gemälde Michaela Eichwalds aus dem Jahr 2019, das in der Gruppenausstellung Seven Painters (2019) bei Green Naftali in New York, neben Werken von Nicole Eisenman, Charline von Heyl, Jacqueline Humphries, Albert Oehlen, Chris Ofili und Laura Owens gezeigt wurde.

 

Michaela Eichwald, Untitled, 2019
Acrylic, graphite, glassmarker, varnish on polyurethane fabric, 135 x 220 x 3 cm

 

 

 

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You only see what you know? Oh, dear Goethe!

Michaela Eichwald also tries to see what she doesn’t know.
At least that’s what I (also) claim now.

Her painting does not affirm a provocation against the picture as such. The artist does not rest on her defiance. She negotiates an image, consistently until its liberation. Concentrated, she cycles against calculated assertions. In doing so, she liberates not only the picture, but also its viewers. Released from meaning, they can devote themselves to the pure texture. What initially begins as a wild coincidence becomes more and more the result of a confrontation, whose intrinsic necessity storms at us with the power of a force of nature.

There is a bedstead! She fights. The furore of her paintings is the visualisation of what one does not understand, next to all that one thinks one has understood. A bit like a space telescope. The artists‘ works don’t just introduce themselves and declare: Hello, I’m „Title“ from the year 2023. Is that…? Yes, that is definitely a dog.

First, the artist exposes herself to a situation. The material is loud and does not offer itself as a flat open space. It is a counterpart to be taken seriously. Her first step is a reaction. Her painting process seems to uncover aesthetic phenomena like a self-determined workout.
Sore muscles. Stinging heel spurs. It can be brutal.

I am not the viewer. You see Polke, I see my dog, he sees a foot and she, over there, is quite sure that this is a self-portrait. Maybe it’s vetches, which tendril into diffuse daylight. Dark clouds over Bottrop-Kirchhellen. In any case, they are top views, not panoramic windows.

Are you thinking of Basquiat? What is a screen?

What is it?

I see, I think.
You’re astonished.

 

Luisa Schlotterbeck

 

The new works in the exhibition Freie Bahn ins Glück are created on site in Gladbeck and are made especially for the gallery’s premises. With an open mind, Michaela Eichwald embarks on a frank work process to leave us standing in front of her paintings, perhaps overwhelmed, perhaps amazed.

Michaela Eichwald (*1967 in Gummersbach) studied philosophy, history, art history and German philology in Cologne from 1987. She published her first texts in the 1990s, even before she began painting. Monographic exhibitions have taken place at the Palais de Tokyo in Paris, the Walker Art Center in Minneapolis, the Lenbachhaus in Munich and the Kunsthalle Basel, among others. She has been a professor at the Academy of Fine Arts in Vienna since 2021. She has been publishing online on her blog Uhutrust since 2006.

A new record by Periode will also be released on 25.08.2023 by SUEZAN STUDIO with a cover by Michaela Eichwald. Periode are THOMAS WINKLER and ANDREAS REIHSE. For more information click here. The cover artwork features a 2019 painting by Michaela Eichwald that was included in the group exhibition Seven Painters (2019) at Green Naftali in New York, alongside works by Nicole Eisenman, Charline von Heyl, Jacqueline Humphries, Albert Oehlen, Chris Ofili and Laura Owens.

 


 

Mit besonderer Unterstützung der Stadt Gladbeck, der Sparkasse Gladbeck und  der Emscher Lippe Energie GmbH.